Diätologin Nina Kienreich

Ernährung | Yoga | Hormongesundheit

Ein Schokohasen Lager in der Wohnung: geht das?

30. April 2022

Schokohasen

22. April 2022 | PERSÖNLICHES | ESSVERHALTEN

Alljährlich sammeln sich zu Ostern bei mir zu Hause die Schokolade-Osterhasen. Als bekennende Naschkatze bin ich anfällig dafür, in „schwachen Momenten“ Hasen für Hasen zu verputzen. Daher war meine Lösung bisher: ab in den Keller damit oder gleich verschenken. In diesem Jahr dürfen die Hasen aber bleiben. Warum, das liest du in diesem Blogpost.

Darum geht es in diesem Blogpost:

  • Bitte schenk mir keine Schokolade

  • Mamas verführerisches Süßigkeitenlager

  • Zügelung und Essdrang

  • Mein Selbstversuch: die Osterhasen dürfen heuer bleiben

Bitte schenk mir keine Schokolade

Offiziell bitte ich immer alle darum, uns zu Ostern keine Schokolade zu schenken. Inoffiziell hofft mein Unterbewusstsein aber darauf, dass viele Menschen dieser Bitte nicht nachkommen. Denn ich liebe einfach gute Schokolade. Und tatsächlich dürfen wir uns Jahr für Jahr über eine Schar an leckeren Schokolade-Osterhasen freuen.

Bis vor kurzem hat mir meine eigene Diätpolizei immer eingeflüstert, dass ich einen großen Teil der Schokolade weiterschenken soll. Soll sich doch ein anderer mit den überschüssigen Kalorien herumschlagen. Was nicht daheim ist, das kann ich auch nicht essen. Und die Reste, die ich behalten habe, habe ich in einen Karton in den Vorratskeller verbannt. Aus den Augen, aus dem Sinn - zumindest vorübergehend … Wenn ich dann im Keller wieder einmal Dosentomaten gesucht habe, bin ich bei Gelegenheit auch gleich über den einen oder anderen Schokohasen hergefallen. Natürlich habe ich mich über mich selbst geärgert und mir geschworen, dass es nie wieder vorkommen wird.

Mamas verführerisches Süßigkeitenlager

Meine Mutter hat in ihrem Haus vom Keller bis zur Speisekammer immer unzählige Süßigkeiten gelagert. Sogar am Küchentisch stehen immer wieder Leckereien herum. Das war schon bei meiner Großmutter so, kann ich mich erinnern.

Oft dachte ich mir: „Wie schafft meine Mama das bloß, nicht immer gleich alles aufzuessen?“ Ich hatte bei jedem Besuch sofort das Verlangen, mich durchzukosten. Und in meinen Augen viel zu oft habe ich es auch getan und mir hinterher Selbstvorwürfe gemacht. Wie kann man nur so undiszipliniert sein? Ich als Diätologin! Um mir das emotionale Dilemma zwischen Genuss und schlechtem Gewissen zu ersparen, habe ich sogar meine Mutter gebeten, ihre Vorräte wegzusperren, damit ich nicht in Versuchung komme. Was für ein Eingeständnis meiner Unfähigkeit!

Zügelung und Essdrang

In den letzten Monaten habe ich mich intensiv mit Ernährungspsychologie und achtsamen Essen beschäftigt. Und plötzlich war mir klar, was der Motor hinter meinem Schokoladen-Essdrang ist: meine eigene Zügelung.

Auf der einen Seite hat sich die Annahme, dass man durch Schokolade sofort zunimmt, fest ins Gehirn gebrannt. Auf der anderen Seite ist da dieses warme, gute Gefühl, wenn die Schokolade langsam im Mund schmilzt. Die Erinnerungen an die Geborgenheit bei Oma und Opa, die gemeinsamen Feste.

Auf dieser Basis entsteht ein Wert-Ziel-Konflikt. Das langfristige Ziel „nicht zunehmen“ steht dem kurzfristigen Ziel „gutes Gefühl“ im Weg. Die subjektiv wahrgenommene Norm „ich darf nicht“ konkurriert mit der persönlichen Einstellung zum Lebensmittel „das schmeckt so lecker“. Die Folge davon: Gerade die Dinge, die wir uns verbieten, werden besonders begehrenswert. In uns entsteht eine massive innerliche Anspannung und damit Stress. Stress fördert wiederum den Essdrang, ein plötzliches Verlangen nach eben genau diesen „verbotenen“ Speisen oder Lebensmitteln. Und wenn wir „schwach werden“ folgen Scham und Selbstzweifel.

Die Beispiele mit den Osterhasen und dem Süßigkeitenlager meiner Mutter führen mir vor Augen, wie tief die Diätmentalität auch bei mir immer noch verankert ist.

Mein Selbstversuch: die Osterhasen dürfen heuer bleiben

Was unsere Schokohasen-Sammlung betrifft, ist heuer ist durch Zufall eine spannende Situation entstanden: Wir haben Ostern bei meiner Mutter verbracht und mein Partner ist schon einen Tag früher mit der Osterhasen-Ausbeute in unsere Wohnung zurückgefahren. Als ich dann tags darauf nach Hause kam, waren die Osterhasen liebevoll im Wohnzimmer unter unserem Osterbaum drapiert, so wie die Geschenke unterm Weihnachtsbaum. Ich brachte es nicht übers Herz, sie einfach in eine Schachtel zu stopfen und in den Keller zu tragen.

Also stelle ich mich der Herausforderung: Die Schokohasen dürfen bleiben, direkt im Blickfeld. Im Sinne eines Experiments gehe ich neugierig an die Sache heran. Ich versuche, achtsam wahrzunehmen, wann die Lust auf Schokolade aufkommt und was ich dabei im Körper spüren kann. Wenn sich Gefühle aufdrängen, werde ich sie nicht bewerten. Vielleicht esse ich heute Abend einen Hasen. Vielleicht aber auch nicht. Mal sehen, was passiert.

Bis heute (und das sind immerhin schon 5 Tage) stehen noch alle Osterhasen an ihrem Platz. Dadurch, dass sie immer da sind, haben sie für mich ihre Anziehungskraft verloren. Stattdessen genieße ich gerne ein Stück Vollkornbrot mit meinem selbstgemachten Schoko-Nuss-Aufstrich.

Das „Erfolgsrezept“ meiner Mutter in puncto Süßigkeiten ist wahrscheinlich Folgendes: Sie hat sich Süßes noch nie verboten und hat einen ganz entspannten Zugang zum Naschen. Schokolade ist einfach ein Lebensmittel unter vielen, daher kann sie auch überall herumstehen.

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