Nina Kienreich

Diätologie | Yoga | Hormongesundheit

Ein Ernährungsplan funktioniert bei dir nicht? Dann probiere es einmal mit intuitiver Ernährung

21. November 2023

Ernaehrungsplan

Zu Ernährungsplänen habe ich durch meine langjährige Erfahrung ein eher schwieriges Verhältnis. Kaum ein Plan, und war er noch so individuell und durchdacht, wurde länger eingehalten. Warum? Weil Ernährungspläne uns zwingen, unsere eigenen Körpersignale zu übergehen. Und das funktioniert dauerhaft einfach nicht.

Was ist ein Ernährungsplan und warum funktioniert er alleine oft nicht?

Die mit Abstand häufigste Anfrage meiner KundInnen: „Ich brauche bitte einen Ernährungsplan“. Sie möchten am liebsten einen detaillierten Wochenplan mit Mengenangaben und Rezepten, der ihnen für Wochen vorgibt, was sie wann essen sollen und wie viel davon. 

In der Regel verfolgt der Ernährungsplan ein konkretes Ziel: z.B. XY Kilos abnehmen, Muskeln aufbauen oder die Symptome einer Nahrungsmittelunverträglichkeit loszuwerden. Die Grundlage liefert eine Berechnung des Energie- und Nährstoffbedarfs (idealerweise auf Basis einer Messung des Grundumsatzes). Kennt man diese Zahlen, so kann eine Diätologin mithilfe spezieller Nährwertberechnungs-Software einen mehr oder weniger individuellen Speiseplan erstellen.

Ich schreibe bewusst „mehr oder weniger individuell“. Denn selbst wenn man die Lebensmittel-Vorlieben und -Abneigungen seiner KlientInnen berücksichtigt, so wird ein Bereich bei einem Ernährungsplan vollständig ausgeklammert: die Körperwahrnehmung.

Abhängig von vielen inneren und äußeren Faktoren haben wir nicht jeden Tag gleich viel Hunger. An manchen Tagen haben wir Lust auf ganz bestimmte Speisen oder Geschmacksrichtungen. Da steht dann vielleicht Fisch mit Gemüsereis im Plan, dabei hätte man viel eher Gusto auf Sushi. Und was tun mit Mahlzeiten, die außer Haus eingenommen werden, wo man keine genauen Mengen und Nährwerte kennt?

Und wäre das nicht alles schon schwierig genug in der Umsetzung, so kommen vielen früher oder später ihre unkontrollierbaren Essgelüste in die Quere. Bei der Einhaltung strenger Ernährungspläne kommt es sehr häufig vor, dass der Seelenhunger sich bemerkbar macht. Dann wird nicht mehr aus einem körperlichen Bedürfnis heraus gegessen, sondern Gefühle mithilfe von Essen hinuntergedrückt, um sich besser zu fühlen. Und diese Extra-Mahlzeiten sind normalerweise in keinem Ernährungsplan eingerechnet.

Das Resultat: Auch wenn ich als Diätologin noch so viel Zeit und Energie in die Erstellung eines perfekten Ernährungsplans für meine Klientinnen gesteckt habe, so wurde diese – wenn überhaupt – nur kurz umgesetzt. Also erstelle ich keine Ernährungspläne mehr. 

Die Lösung lautet: intuitive Ernährung

Stell dir vor, du würdest von nun an vorgeschrieben bekommen, wie oft und wann du aufs Klo gehen sollst und wie viel du dabei ausscheiden darfst. Was in diesem Zusammenhang absurd klingt, genau das macht ein Ernährungsplan: Er kontrolliert unseren Körper von außen und ignoriert natürliche Körpersignale wie Hunger und Sättigung.

Das Konzept der Intuitiven Ernährung setzt genau hier an: Es fördert die somatische Intelligenz, also die angeborene Fähigkeit des Körpers, die Nahrungsaufnahme so zu steuern, dass sie zu den individuellen Anforderungen, der persönlichen Genetik, und der jeweiligen Lebenssituation passt. Vorausgesetzt, man ernährt sich überwiegend von natürlichen Lebensmitteln, also solchen, die nicht durch hohen Verarbeitungsgrad und künstliches „Food-Design“ die angeborenen Körpersignale umgehen.

Synonym zu intuitiver Ernährung wird oft der Begriff „Achtsam Essen“ verwendet. Bei beiden Methoden geht es darum, die Aufmerksamkeit auf den Körper zu lenken, um die Körpersignale wahrnehmen zu können und danach zu leben. Das geht über Hunger und Sättigung hinaus: Eine weitere wichtige Säule ist, Gefühle und Emotionen als Ursache für Essdrang wahrzunehmen. Man spricht dann von emotionsregulierendem Essverhalten.

Indem man lernt, seine Bedürfnisse zu erkennen und Selbstfürsorge und ein positives Körpergefühl zu kultivieren, kann letztlich auch emotionsregulierendes Essverhalten dauerhaft aufgelöst werden. Mehr dazu findest du in meinem Artikel "Was ist Intuitiv Essen?".

Meine Erfahrung ist: Durch intuitive Ernährung werden Ernährungspläne unnötig. Man lernt, Portionsgrößen auf Basis des einsetzenden Sättigungsgefühls flexibel und situationsabhängig zu steuern. Hunger wird zum Ratgeber, wann und wie oft gegessen werden soll. Gusto, Verträglichkeit und Wohlbefinden nach der Mahlzeit lehren, was in welcher Kombination auf den Tisch kommen soll.

Und für mich das Beste an diesem Konzept: Dadurch, dass keine Lebensmittel von Haus aus verboten sind und man auch lernt, die eigenen Bedürfnisse ganzheitlich zu befriedigen, braucht es Essen als Strategie gegen negative Gefühle nicht mehr. Die Mengen an Schokolade, Kuchen und anderen Genussmitteln regeln sich dadurch meist ganz von alleine.