Diätologin Nina Kienreich

Ernährung | Yoga | Hormongesundheit

Meine Geschichte: Wie ich zum achtsamen Essen gekommen bin

28. Juni 2022

Schoko Essen2

11. Juni 2022 | PERSÖNLICHES

Viele Jahre schon ernte ich im Alltag immer wieder neugierige Blicke, was denn beim Essen alles auf meinem Teller landet. Und wenn es ein Kuchen oder Burger ist, folgt gleich die Frage: „Was, du als Diätologin isst so etwas?“ Oder mein absoluter Lieblingskommentar: „Du bist ja so schlank. Du hast ja keine Probleme mit dem Essen.“

Das möchte man vielleicht glauben, denn als Diätologin und Ernährungswissenschaftlerin habe ich mich viele Jahre mit Ernährung beschäftigt. Ich habe gelernt, was wissenschaftlich gesehen gesund wäre und was man essen bzw. nicht essen soll, um Gewicht zu verlieren. Doch was bisher kaum jemand weiß: Auch ich hatte meine Themen mit dem Essen.

Darum geht es in diesem Artikel:

  • Von der Diätpolizei zur totalen Zügelung

  • Wenn ich es schon nicht kann, wie sollen es dann meine Klient*innen schaffen?

  • Ein Neustart für meinen Job und mein Leben

  • Mein neues achtsames Essverhalten

     

Von der Diätpolizei zur totalen Zügelung

Mein Essverhalten war viele Jahre durch Diäten geprägt. Begonnen hat diese Phase, als ich mich vor einigen Jahren auf Sporternährungsberatung spezialisierte. Mein Job damals war, für ambitionierte Freizeitsportler*innen Ernährungsanalysen durchzuführen, Speisepläne zu erstellen und den Essalltag hinsichtlich Leistungsoptimierung zu planen.

Zu dieser Zeit verfolgte ich selbst sportliche Ziele im Höhenbergsteigen und Klettern und so begann ich, mein Gewicht zu optimieren und meinen Essalltag nach Plänen auszurichten. Durch meine Ausbildung war mein Denken stark geprägt von der Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel und der Berechnung von Speiseplänen. Das Essen wurde abgewogen, Kalorien gezählt und Süßes vom Speiseplan verbannt. Ich verbrachte richtig viel Zeit damit, für mich extra gesund zu kochen und hielt ich mich an Trainingspläne. Ungefähr zur selben Zeit begann ich auch, Heilfastenwochen zu betreuen und machte meine ersten eigenen Erfahrungen mit Saft- und Suppenfasten.

Wenn ich es schon nicht kann, wie sollen es dann meine Klient*innen schaffen?

Zunächst war ich sehr erfolgreich und erreichte meine Gewichtsziele scheinbar mühelos – ich hatte ja gelernt, wie es geht. Doch mit den Monaten wurde es immer schwieriger, diszipliniert zu bleiben und der Aufwand, das Gewicht zu halten, wurde immer größer.

Mit dem Jobwechsel ins Angestelltenverhältnis und einer hohen Arbeitsbelastung mit viel Stress, Projektverantwortung und kurzen Nächten kletterte mein Gewicht langsam aber stetig wieder um die 5 kg hinauf, die ich vorher mühsam verloren hatte. Durch Intervallfasten und Eiweißshakes konnte ich kurzfristig wieder 2 bis 3 kg herunter hungern, das Gewicht aber nicht halten.

Ich hatte begonnen, meine Körpersignale völlig zu ignorieren. Meinen Hunger musste ich oft übergehen, weil ich in der Arbeit gerade keine Zeit zum Essen hatte, vor dem Training nicht essen wollte oder gerade Intervallfasten auf meinem Plan stand. Nach Phasen der Zügelung schaltete ich auf den „Es ist eh schon egal“-Modus um. Dann konnte ich Süßes in mich hinein futtern, weit über mein Sättigungsgefühl hinaus. Nach solchen Phasen des Essdrangs zweifelte ich nicht nur an meiner Disziplin, sondern generell an meiner beruflichen Kompetenz.

Ein Neustart für meinen Job und mein Leben

Ich war zunehmend gestresst, müde, schlecht gelaunt und ausgepowert. Ich konnte nicht mehr die gewohnte sportliche Leistung bringen und auch mein Kinderwunsch blieb unerfüllt. Bei der Abklärung wurde eine hypothalamische Amenorrhö diagnostiziert. Langsam erkannte ich, dass ich mich mit meinen ambitionierten Sport- und Ernährungsplänen, meinem beruflichen Ehrgeiz und den langen Arbeitszeiten übernommen hatte. Dann kam auch noch ein schwerer persönlicher Schicksalsschlag dazu - und ich stand kurz vor dem Burnout. Erst jetzt wurde mir klar, dass Stress wahrscheinlich der Auslöser für meine körperlichen und hormonellen Probleme war.

Mit viel Mut kündigte ich Ende 2020 inmitten der Coronakrise meinen Job. Ich begann eine Gesprächstherapie und mein Leben zu entschleunigen. Anstelle des Kraft- und Ausdauertrainings beschäftigte ich mit Yoga und Meditation. Ich gönnte mir Zeit, um nochmals etwas Neues zu lernen und meldete mich für die Mindful Movement Trainer Ausbildung und den Achtsam Essen Trainer an. Und schon bald darauf erfuhr ich von meiner Schwangerschaft…

Mein neues achtsames Essverhalten

Seit dem Neustart und der Selbsterfahrung im Zuge der Ausbildung zum Achtsam Essen Trainer hat sich mein Essverhalten wieder entspannt. Ich esse nach Appetit und Gusto und erlaube mir alles - auch Süßes, Pizza oder Paniertes. Aber ich merke, dass ich nicht mehr so oft Lust darauf habe. Und vor allem: dass ich darauf nicht sofort zunehme!

Ich achte besser auf mein Hungergefühl und esse etwas, noch bevor der Hunger unkontrollierbar groß wird. Wenn ich den Impuls habe, etwas Süßes zu essen, versuche ich nachzuspüren, woher der Impuls gerade kommt. Die größte Herausforderung ist für mich nach wie vor, in Phasen mit hoher Anspannung und Unzufriedenheit nicht Naschen als Bewältigungsstrategie zu wählen. Aber es ist mir jetzt besser bewusst, was gerade in mir gerade vorgeht.

Durch meine eigene Geschichte habe ich Strategien und Werkzeuge erlernt, um aus der Spirale von Diäten, Zügelung, Scheitern und Selbstverurteilung herauszukommen. Wenn du dich hier wiederfindest, dann lass uns reden. Reserviere dir gleich ein unverbindliches Erstgespräch.